Dienstag, 27. April 2010

Abschied beim gemütlichen Weihenstephan

tja, nun ist es wirklich fast vorbei. In drei Tagen geht mein Flieger und das ist auch gut so.

Seit dem letzten Blogeintrag ist wahnsinnig viel Zeit vergangen und irgendwie bin ich nicht zum Schreiben gekommen. Der Besuch vom Fritz und vom Gustl war super genial und man müsste einen extra Blog einrichten, um jede Geschichte nieder zu schreiben (vllt. unter dem Titel: ein Glas Gurktaler - und die Woche kann beginnen). Wie wir auch immer währenddessen gesagt haben: "Es ist so awesome, great, breathtaking, fabulous, terrific" usw. Schließlich liebt der Amerikaner die Superlative und baut zur Untermauerung gern oben stehende Wörter in fast jeden zweiten Satz ein; genauso wie basically and actually. Warum auch immer. Da ziehe ich mir doch das gute alte ÄH als Satzlückenfüller vor.

So wie die Jungs weg waren, ging es auch für mich ans Lernen. Habe nämlich idealerweise am 05.05 mündliche Prüfung. Und was macht man nicht lieber, als die letzten zwei New York-Wochen mit der dt. Strafprozessordnung oder Familienrecht, um nur ein paar Sonderbarkeiten zu nennen, zu verbringen. Das Gute daran ist auch, dass ich erst am 01.05. hier abfliege und ein früherer Flugtermin aufgrund der Aschewolke nicht möglich war. tributes to island. Unvorbereitet mit jetlag bei der Prüfung, Hr. Kindermann mein Prüfer kann kommen ;-)

Um richtig lernen zu können, habe ich meinen "anstrengenden" Kanzleijob quittiert und bin nun täglich in der Bibliothek hier zu finden. Gestern gab es aber noch einen großen juristischen Tag in meiner U.S.-Anwalts-Karriere. Ich hatte schon einmal davon geschrieben, dass ich so eine Klage vor dem small claims court eingereicht hatte, weil ein Mandant seine Rechnung nicht bezahlt hatte. Gestern war hierzu der Besuch im Zoo oder Zirkus. Oder wie man das nennen will. Ach ja, Gericht wäre wohl der richtig formale Ausdruck. Obwohl die Szenen, die sich dort abgespielt haben, eher im Zirkus Roncalli als Hauptact laufen könnten. Wir hatten um 18.10 Uhr Termin und mit uns gleichzeitig noch etwa 100 andere Kläger und Beklagte. Noch bevor das Tor zur Arena aufging, standen alle aufgeregt vor der Tür und schauten auf irgendwelche Listen, ob ihr Fall überhaupt auch statt findet. Als dann die geheimnisvolle Tür aufging, ferchten sich alle in den Saal. Ein unfreundlicher Clerk, so etwas wie ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle im Gericht, rief dann nacheinander Namen auf. Wenn man aufgerufen wurde, hatte man die Wahl zwischen "Ready", "by the court" oder "application". Schön zu sehen, wer so wen verklagt und wie die Leute aussehen und peinlich berührt rufen, dass sie entweder zum Schiedrichter wollen, ihren Fall vom Richter entschieden haben wollen oder drittens die Verhandlung noch einmal verlegt haben wollen. Letztere, die also application zu rufen hatten, waren meine Lieblinge. Die haben nämlich eine Stunde gewartet, um ihren Namen und application zu rufen und im nächsten Monat wieder zu kommen. Aber schön, dass wir uns mal gesehen haben. Hat mich gefreut. Nice to meet you, sag ich da auch gern einmal.

Wir haben dann noch 2 h gewartet, bis wir unseren Fall vortragen konnten. Lief wie am Schnürchen, weil der Beklagte die Zirkusveranstaltung verpasst hatte oder vielleicht schon in der Löwenhöhle einsitzt. Deshalb haben wir ein Urteil bekommen, so wie es uns gefallen hat, ganz allein nur, weil der andere nicht da war. Super, oder? God schave Amerika.

Und weil wir so erfolgreich waren, hat uns mein Chef gleich zum Abendessen in einer Tapasbar bei Wein und Bier (das rat ich dir) eingeladen. Mit uns ist noch der spanische Referendar mitgekommen. Dann hat mein Chef noch darauf bestanden, einen Absacker im deutschen Restaurant "Zum Schneider" zu trinken. Good bye Lernpläne! Welcome Weihenstephan-Hefeweizen. Mein Chef liebt deutsches Bier. Aber naja, irgendwie ist es in doppelter Hinsicht schön gewesen. Zum einen musst ich mich ja eh noch von der Barszene von New York verabschieden und dann auch noch gebührend von meinem Chef, den der Abend 250 Dollar gekostet hat (dafür muss er immerhin eine halbe Stunde arbeiten ;-)). Die Verabschiedung war dann unerwartet sentimental, weil er, wie er gesagt hatte, mich in sein Herz eingeschlossen hat. Echt ein toller Typ und total locker. Jetzt ist also der Punkt erreicht, wo mir die Kanzlei fehlen wird. Die Mitarbeiter haben mich auch gleich alle umarmt bei der Verabschiedung. Ein schönes Gefühl. Und das insgesamt noch untermauert mit einem Arbeitszeugnis, das sich gewaschen hat. So reise ich am Freitag Abend mit einem 17-Punkte-Zeugnis im Gepäck nach Deutschland und bin am Samstag Mittag als dicker Amerikaner in Dresden am Airport.

den Rest der Anekdötchen der letzten 12 Wochen gibts gern bei einem Fotoabend (schliesslich muss ich euch noch unter anderem vorführen, wie ich meiner Mitbewohnerin in ihr Kleid geholfen habe und und und. Ich freu mich drauf!)

5 Kommentare:

  1. Das mit dem Kleid kann ich auch vorführen. :-) Schließlich war ich die erste, die die peinliche Situation überstehen musste, ein Kleid zu schließen, dass vorne unnd hinten (v.a. hinten ;-) ) nicht wirklich gepasst hat, immer unter der Angst, gleich reißt es irgendwo ein und ohne ihr zu verstehen zu geben, dass sie eindeutig etwas zu voluminös für das kleine Schwarze ist und das nächste Mal vielleicht doch die größere Ausführung nehmen sollte =)

    AntwortenLöschen
  2. Huhu Bocci

    Es ist immer wieder verblüffend, wie schnell die zeit vergeht. Jetzt sind es nur noch drei Tage und du bist wieder bei uns Pappnasen. :)
    Habe schon ein Paar Impressionen vom Gustel bekommen, wie genial der Besuch war. Habe tolle Geschichten aus dem MoMA und vom Baseball gehört. Freue mich auf die Fortsetzung aus deinem Munde.

    Bis bald
    Obsti

    AntwortenLöschen
  3. Hallo! Habe diesen Blog zufällig gefunden und wäre sehr interessiert an dieser Wahlstation bzw. wie du dazu gekommen bist usw.!

    Würde mich sehr über eine Antwort an andreasbuchner1986@gmx.de freuen, hätte noch ein/zwei kleine Fragen!!

    Danke und Grüße,
    Andreas

    AntwortenLöschen
  4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

    AntwortenLöschen
  5. Hallo Andreas. Habe deinen Blog bei der Suche nach einer Kanzlei für die Wahlstation in NYC entdeckt. Ich wollte gerne wissen, bei welcher Kanzlei du warst und ob du mir diese weiterempfehlen könntest. Würde mich freuen von dir zu hören .
    Meine E-Mail Adresse ist: rita-kupfer@gmx.de
    Vielen Dank im voraus.
    Liebe Grüße Rita

    AntwortenLöschen